Fortschreibung des Lärmaktionsplans der Gemeinde Gärtringen, 4. Runde – Überprüfung des LAP aus Stufe 3 (2022) (§ 47d BImSchG) – Beteiligung der Öffentlichkeit
Nach §47c Bundesimmissionsschutzgesetz wurden im Dezember 2023 von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) alle Hauptverkehrsstraßen mit über 3 Mio. Kfz/Jahr bzw. 8.200 Kfz/24h analysiert. Die Gemeinde Gärtringen ist im Rahmen der Lärmaktionsplanung Stufe 4 aufgrund der Verkehrsbelastungen der Bundesautobahn 81 und der Bundesstraße 14 (Herrenberg-Gärtringen) von über 3 Mio. Kfz/Jahr bzw. 8.200 Kfz/24h verpflichtet, einen Lärmaktionsplan aufzustellen. Sie hat hierzu bereits einen Lärmaktionsplan im vereinfachten Verfahren erstellt und am 26.04.2022 beschlossen. Dieser Lärmaktionsplan für die sog. Pflichtstrecken A 81 und B 14 wird nun in Stufe 4 im vereinfachten Verfahren fortgeschrieben.
Das mit der Fortschreibung der Lärmaktionsplanung von Gärtringen beauftragte Büro Heine+Jud aus Stuttgart hat zwischenzeitlich die Ergebnisse der Lärmkartierung LUBW ausgewertet.
Durch die europaweite Harmonisierung des Berechnungsverfahrens hat sich die Berechnungsgrundlage verändert. Dadurch sind jetzt in der Kartierung (trotz zahlreicher Maßnahmen die in der Vergangenheit schon umgesetzt wurden) mehr lärmbelastete Einwohner ausgewiesen. Die Ergebnisse sind somit nicht mehr direkt mit früheren Kartierungsrunden vergleichbar.
Der Umfang der kartierten Straßen hat sich nicht verändert. Die der Lärmkartierung zu Grunde liegenden Verkehrsbelastungen der kartierten Hauptverkehrsstraßen haben seit der letzten Runde nur geringe Änderungen erfahren. Wesentliche Siedlungsentwicklungen mit maßgebendem Einfluss auf die Anzahl der betroffenen Einwohner sind nicht vorhanden. Daher lässt sich die Zunahme der Betroffenen (überwiegend) auf den oben beschriebenen Wechsel der Ermittlungsmethodik zurückführen
Statistisch geht man in Gärtringen und Rohrau von tagsüber 5585 Lärm-belasteten (> 55 dB(A) bis zu 75 dB(A)) Einwohnern aus – nachts sind das noch 3001 Einwohner (>50 bis 70 dB(A))
Hier ist basierend auf statistische Erfahrungswerte, davon auszugehen, dass durch die Überschreitung der Lärmgrenzwerte gesundheitliche Auswirkungen für 763 Einwohner die Folge sind (starke Belästigung vorhanden) und für 159 Einwohner geht man von starken Schlafstörungen aus. Für 1 Einwohner ist statistisch betrachtet sogar mit ischämischen Herzkrankheiten infolge der Lärmbelästigung zu rechnen. Das sind sehr bedauerliche Zahlen mit denen die Gemeinde Gärtringen nicht zufrieden sein kann.
In diesem Zusammenhang kann auf die Möglichkeit und die Förderprogramme zum passiven Lärmschutz direkt an den betroffenen Gebäuden hingewiesen werden. Lärmsanierungsmaßnahmen werden in der Regel nur an Gebäuden durchgeführt, die vor Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (01.04.1974) errichtet wurden oder die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der vor diesem Zeitpunkt rechtskräftig wurde. Betroffenen Einwohner können unter verschiedenen Voraussetzungen Förderprogramme für die Umsetzung passiver Lärmschutzmaßnahmen an Ihren Gebäuden (Lärmsanierungsprogramm) beantragen.
https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/laerm-und-erschuetterungen/grenz-und-richtwerte
https://www.staedtebauliche-laermfibel.de/pdf/VLaermSchR97.pdf
Für die Arbeit der Kommunen, der Verkehrsbehörden und des Landes eröffnen die jüngsten Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) neuen Raum für Vorhaben, die den Verkehr in Baden-Württemberg sicherer, umweltfreundlicher und stärker angepasst an die Bedürfnisse vor Ort gestalten. Das Ministerium für Verkehr BW ermutigt ausdrücklich dazu dieses Potenzial zu nutzen.
Die Vereinfachten Anordnungsmöglichkeiten für Tempo 30 vor schützenwerten Einrichtungen und ein erweiterter Lückenschluss ergeben sich aus den Erweiterungen aus § 45 (9) StVO.
In Bezug auf Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Lärmschutzgründen haben die Gemeinden über die Lärmaktionsplanung das Heft des Handelns in der Hand.
Wegen der hohen akustischen Wirkung bei vergleichsweise geringem Realisierungsaufwand ist Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen zur Senkung der Luftschadstoffbelastung, für eine höhere Aufenthaltsqualität und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit eine effektive und wirtschaftliche Möglichkeit eine Verbesserung zu erzielen.
Die Einführung von Tempo 30 in der Stuttgarter Straße wurde bereits im Zuge des letzten Lärmaktionsplans im Jahr 2022 umgesetzt.
Die gemessenen Mittelungspegel sinken nach der Anordnung von Tempo 30 um rund 2 bis 4 dB(A)
Spannend daran ist: Den gleichen Effekt hätte eine Halbierung des gesamten Verkehrsaufkommens. Dies ist – zumindest ohne Fahrverbote – nicht so leicht umzusetzen. Zusätzlich trägt Tempo 30 auch dazu bei, die Schadstoffbelastung zu reduzieren, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Antrag beim Straßenbaulastträger Landkreis Böblingen zur Verbesserung der innerörtlichen Lärmbelastung im Zuge des Lärmaktionsplans:
M1) Ausweitung der Zone 30 in Gärtringen in den Bereichen Deckenpfronner Str. und Deufringer Str.1
M2) Ausweitung der Zone 30 in Rohrau auf der Nufringer Str., der Gärtringer Str. sowie der Hildrizhauser Straße (Anlage 3) – dann gilt für Rohrau künftig komplett Tempo 30.
Die oben beschriebenen Maßnahmen bzgl. Erweiterung der Tempo 30 – Bereiche werden im Verkehrskonzept mit aufgenommen und mit dem Straßenbaulastträger Landkreis Böblingen abgestimmt.
Die verbleibenden Lärmprobleme sind ursächlich auf die Bundesautobahn A 81 und Bundesstraße B 14 zurückzuführen. Die Höchstgeschwindigkeit der Autobahn A 81 ist bereits für Pkw auf 120km/h und für Lkw auf 80 km/h reduziert.
Am südöstlichen Rand von Gärtringen und am westlichen Ortsrand von Rohrau treten an Fassaden Pegel bis 63 dB(A) tags und 58 dB(A)nachts auf. Damit ist nachts der Auslösewert (55 dB(A)) aus dem Kooperationserlass überschritten.
Im Kooperationserlass des Landes sind hierfür Werte von 65 dB(A) beim LDEN (24-Stunden-Pegel mit Zuschlägen für die Abend- und Nachtzeit) bzw. 55 dB(A) bei LNight (Mittelungspegel für den Zeitraum 22-6 Uhr) genannt, die aber keine Grenzwerte darstellen. Letztlich ist immer im Einzelfall und je nach Gebietsart zu entscheiden, welche Verfahrensart sinnvoll ist.
Für die Maßnahmenumsetzung beim Straßenverkehr sind vor allem Regelungen hinsichtlich einer Lärmsanierung und zu verkehrsrechtlichen Maßnahmen relevant.
Als Lärmsanierung werden Schutzmaßnahmen an bestehenden Verkehrswegen bezeichnet. „Sie wird als freiwillige Leistung nach haushaltsrechtlichen Regelungen gewährt“. Auf Lärmsanierungsmaßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.
Die Voraussetzungen für Lärmsanierungsmaßnahmen an Bundesfernstraßen sind in den „Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes“ geregelt.
Die Immissionsgrenzwerte für Lärmsanierungsmaßnahmen werden über eine Regelung im Bundeshaushalt vorgegeben. Die Immissionsgrenzwerte für die Umgebung von Straßen liegen beispielsweise für Wohngebiete bei 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts und in Mischgebieten bei 66 dB(A) tags sowie 56 dB(A) nachts. Im Vergleich zur letzten Runde der Lärmaktionsplanung liegen diese Werte um 3 dB(A) unter den damals geltenden Werten. Somit sind inzwischen – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – eher Maßnahmen der Lärmsanierung realisierbar.
Verschiedene Schalltechnische Untersuchungen im Zusammenhang mit den Baugebieten „Steinäcker“ (2018), „Ortsabrundung Nufringer Straße“ (April 2007) und „Ortsabrundung Herrenberger Straße“ (1993) und haben sich in der Vergangenheit mit dem Lärmschwerpunkt Rohrau befasst.
All diese Untersuchungen kamen zu dem Schluss, dass lediglich umfangreiche aktive Schallschutzmaßnahmen entlang der A81 dazu führen können die Lärmgrenzwerte in den Gebieten einzuhalten.
Am effektivsten und wirtschaftlichsten hilft der aktive Lärmschutz in Form von Lärmschutzwänden direkt an der Lärmquelle. Diese können die Geräusche abhängig vom Material entweder absorbieren oder zurückwerfen.
Aktuell gibt es auf den mehr als 2.300 Autobahn- und Schnellstraßen-Kilometern knapp fünf Quadratkilometer Lärmschutzwände. Das entspricht in etwa einer Länge von 1.400 Kilometern (Stand 2022).
Eine Lärmschutzwand unterbricht die direkte Schallausbreitung von der Emissionsquelle zum Schutzobjekt. Ein Unterbruch der Sichtlinie zwischen der Lärmursache und dem Immissionsort reduziert die Belastung etwa um 5 Dezibel. Überragt das Hindernis die Sichtlinie um einen Meter, macht die Reduktion rund 10 dB(A) aus. Lärmschutzwände wirken lärmabschirmend. Wenn sie nahe einer Lärmquelle aufgestellt werden, verhindern sie die Ausbreitung des Schalls in die dahinterliegende Umwelt und Wohngebiete. Dadurch sind Lärmminderungen von bis zu 20 Dezibel möglich, zumindest für die ersten ein oder zwei Häuserreihen.
M3) Ziel ist die Errichtung eines aktiven Lärmschutzes in Form einer ca. 2,34 km langen Lärmwand entlang der A81 in Richtung Rohrau sowie eine ca. 1,20 km lange Lärmschutzwand in Richtung Gärtringen Südost im Anschluss an die B14
Bereits im Jahr 1993 wurde die Errichtung eines aktiven Lärmschutzes entlang der A81 in Richtung Rohrau vom Büro Bender und Stahl detailliert untersucht. Aus Gründen des vorhandenen Platzangebotes und des größeren Einflusses auf das Landschaftsbild soll auf platzintensive Steilwälle mit Höhen über 6,5m verzichtet werden. Die Verwaltung spricht sich für eine lärmabsorbierende Lärmschutzwand aus die mit einer Höhe von ca. 6m auch an Engstellen zwischen Leitplanke und Zaun Platz finden kann und einen ausreichenden Lärmschutz für die Bewohner bietet unter Einhaltung der BImSchV.
Lärmschutzwände entlang von Autobahnen erfüllen die wichtige Funktion, den Verkehrslärm von Anrainern abzuschirmen. Diese versiegelten Flächen sollen aber künftig einem weiteren Nutzen zugeführt werden, nämlich der Gewinnung von sauberer und regionaler Ökoenergie durch die Installation von PV. Das Foto der „Photovoltaik-Lärmschutzwand“ stammt von einem Pilotprojekt der Autobahn GmbH welches im Zuge der A3 zwischen den Anschlussstellen Aschaffenburg und Aschaffenburg-Ost im Jahr 2019 umgesetzt wurde.
Eine Kostenvereinbarung zwischen Bund (Autobahn GmbH) und Betreiber der PV-Anlage wäre bei einer entsprechenden Umsetzung zu vereinbaren unter Berücksichtigung der laufenden Einnahmen durch den produzierten Strom.
Vorstellbar wäre, dass sich z.B. eine Bürgergenossenschaft an den Kosten der PV-Lärmschutzwand beteiligt und in der Folge von den Einnahmen durch den produzierten Strom sowie dem Lärmschutz profitiert.
Der Aktionsplan wird zwar durch die Kommune aufgestellt, die Zuständigkeit zur Umsetzung der im Aktionsplan genannten Maßnahmen ist jedoch nicht explizit geregelt. Maßnahmen können nur in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Baulastträger des Verkehrswegs oder ggf. der Verkehrsbehörde realisiert werden. Eine Beteiligung der zuständigen Träger öffentlicher Belange ist entsprechend ein wichtiger Bestandteil der Aufstellung eines Lärmaktionsplans. Auch die Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Aufstellung eines Lärmaktionsplans.
Der Aktionsplan wird zwar durch die Kommune aufgestellt, die Zuständigkeit zur Umsetzung der im Aktionsplan genannten Maßnahmen ist jedoch nicht explizit geregelt. Maßnahmen können nur in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Baulastträger des Verkehrswegs oder ggf. der Verkehrsbehörde realisiert werden. Eine Beteiligung der zuständigen Träger öffentlicher Belange ist entsprechend ein wichtiger Bestandteil der Aufstellung eines Lärmaktionsplans. Auch die Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Aufstellung eines Lärmaktionsplans.
Der Gemeinderat der Gemeinde Gärtringen hat den Lärmaktionsplan in der öffentlichen Sitzung am 05. November 2024 behandelt und dem Entwurf zugestimmt. Mit der Kenntnisnahme der bisherigen Untersuchungsergebnisse und den vorgeschlagenen Maßnahmen M1)-M3) hat der Gemeinderat der Durchführung der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange gemäß § 47d Bundesimmissionsschutzgesetz zugestimmt.
Die Beteiligung der Öffentlichkeit zum Entwurf der Überprüfung des Lärmaktionsplans aus Stufe 3 (2022) – 4.Runde im Sinne von § 47d Abs.3 BImSchG erfolgt in Form einer öffentlichen Auslegung des Entwurfs.
Die Entwurfsunterlagen zum Lärmaktionsplan liegen im Bürgermeisteramt Gärtringen, Bauamt, Hauptstr. 16 – 18 (Volksbankgebäude), 2. OG, Flurbereich im Zeitraum vom 18.11.2024 bis 17.12.2024 während der Dienstzeiten:
Mo. – Fr. 8.30 Uhr bis 12:00 Uhr und zusätzlich
Mo. – Mi. 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr
Do. 14.00 Uhr bis 18.30 Uhr
öffentlich aus.
In diesem Zeitraum haben die Bürger Gelegenheit die vorliegenden Unterlagen des Entwurfs einzusehen und Auskunft über Inhalt, Zweck und Auswirkungen der vorgesehenen Planung zu erhalten. Gleichzeitig besteht Gelegenheit Stellungnahmen bei der Gemeinde Gärtringen – schriftlich und mündlich zur Niederschrift– (E-Mail: Samsel@gaertringen.de) abzugeben.
Hier folgend stehen sämtliche Unterlagen zum Download zur Verfügung. Während dieser Zeit haben die Bürger Gelegenheit, den Entwurf des Lärmaktionsplans einzusehen und ihre Stellungnahme abzugeben. Wir weisen darauf hin, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben können.
Nach der öffentlichen Auslegung des Entwurfs wird der Lärmaktionsplan gegebenenfalls überarbeitet.
Gezeichnet:
Gärtringen, den 14.11.2024
Thomas Riesch, Bürgermeister
Unterlagen im PDF-Format
Ergänzter Aktiver Lärmschutz entlang BAB 81 (PDF-Dokument, 4,77 MB, 11.11.2024)
LAP Gärtringen Runde IV (PDF-Dokument, 376,42 KB, 11.11.2024)
Lärmaktionsplanung Gärtringen - Erweiterung Zone-30 (PDF-Dokument, 3,69 MB, 11.11.2024)
Lärmaktionsplanung Rohrau - Erweiterung Zone-30 (PDF-Dokument, 3,05 MB, 11.11.2024)